Interview: Über die Hofschlachtung ohne zu romantisieren

Auch bei der tierfreundlichsten Haltung findet das Töten von Tieren für den Fleischgenuss meist in großen Schlachthäusern statt. Es gibt aber auch andere Optionen. Eine davon ist die Hofschlachtung, also die Tiere auf dem Hof zu töten, ohne Trennung von der Herde, ohne stressigen Transport, und ohne, dass damit das Hormon Adrenalin ausgeschüttet wird und die Fleischqualität darunter leidet. Anfang der 90er Jahre haben Bernhard und Elisabeth Hirn vom Lichtmoarhof in Kraubath damit begonnen. Es kamen ein Schlacht-, Kühl- und Verarbeitungsraum hinzu und alle 14 Tage wird nun Ab-Hof verkauft. Bis zu acht Monate dürfen die Kälber bei den Mutterkühen sein. Die beiden schlachten ihre Tiere nun seit über 35 Jahren auf dem Hof und verkaufen das Fleisch direkt.

Interview nach einer Idee von mir für meinBezirk Leoben/Fotos: Elisabeth Egle

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So eine Hofschlachtung ist deutlicher aufwändiger als das Tier zu verladen und zum Schlachter zu fahren. Warum macht ihr das anders?

Bernhard Hirn: Im Jahr 1987 haben wir mit zehn Rindern begonnen, im nächsten Jahr waren es bereits 25. Schon immer war es uns wichtig, unsere Tiere bestens zu versorgen. Das hat sich auch in einer besseren Fleischqualität niedergeschlagen. Für die Schlachtung kommt ein Fleischhauer auf den Hof. Das Tier wird von den anderen getrennt, damit es zur Ruhe kommen kann und dann in einer Box erschossen. Es wird sofort über den Hof in den Schlachtraum transportiert und dort aufgearbeitet. Am nächsten Tag wird es abgeviertelt und zum Reifen für mindestens zehn Tage aufgehängt.

Elisabeth Hirn: Das hat sich so ergeben. Die Schwiegermutter hat damals auf Hühnerhaltung und Eierverkauf gesetzt. Als wir den Hof übernommen haben, hat sie gemeint, wir sollen es doch mit der Stiermast versuchen. Anfangs haben wir unsere Rinder nach Graz zum Schlachten gebracht und dort bemerkt, dass sie bei der Klassifizierung immer top bewertet wurden. Das hat uns motiviert, die Vermarktung  eines Teils unserer Tiere selbst in die Hand zu nehmen. Wichtig beim Verkauf ist die Regelmäßigkeit und die gleichbleibende Qualität.

  • Wie seid ihr damals zu euren Kunden gekommen?

Elisabeth Hirn: Die Schwiegermutter hat ihre Eier bereits direkt vermarktet und mit dem regelmäßigen Fleischverkauf alle 14 Tage über die ganzen Jahre hindurch haben wir immer mehr Eier-Kunden für unser frisches Fleisch begeistern können. Das hat sich herumgesprochen. 

  • Was freut euch am meisten bei der Direktvermarktung von eurem Frischfleisch?

Elisabeth Hirn: Am meisten freut uns die Treue der Leute, die auf den Hof zu uns kommen und der persönliche Kontakt. Wir haben die ganzen 37 Jahre nicht ein Kilo Wurst und nicht ein Kilo Leberkäse zu machen brauchen, weil wir immer unser ganzes Frischfleisch verkauft haben.
Und wenn jemand kommt, der fünf Kilo Rindfleisch gemischt und zwei Kilo Ripperl nimmt, freut uns das ganz besonders. So ein Viech hat 300 Kilo Fleisch und dann hat es vier Kilo Lungenbraten. Das ist ja so etwas von null, verglichen zum restlichen Fleisch.

Wir sind draufgekommen, wenn wir direkt verkaufen, bringt uns das mehr und haben die Chance genutzt.
Bernhard Hirn

Und wie bringt ihr die Genießer dazu, auch zu den anderen Teilen zu greifen?

Bernhard Hirn: Man kann die Leute erziehen. Es gibt ja auch den „Falschen Rostbraten“. Jedes Tier, das wir schlachten, ist anders gebaut und das ist den verschiedenen Rassen geschuldet. Wir halten Mutterkühe, die Kälber werden am Hof geboren, bleiben bis zu acht Monate bei der Mutter und dann werden sie gemästet. 

Elisabeth Hirn: Wir machen das, was da ist und was gebraucht wird. Nach dem Fleischhauer geht beim Ausschneiden jedes Stück Fleisch durch meine Hände. Dadurch weiß ich genau, was da ist. Wenn also jemand noch Rindsrouladen braucht, dann weiß ich, die Kalbin hat so ein schönes „Oarscherl“, das werden wir schon herausschneiden.

  • Beliefert ihr auch die Gastronomie?

Bernhard Hirn: Am Anfang wurden Hintere Viertel auch an die Gastronomie verkauft. Dann wurde der Wunsch nach Edelteilen immer größer. Den konnten wir nicht erfüllen, weil wir diese Teile auch direkt verkaufen konnten.

Es ist wichtig, mit dem, was man macht, eine Freude zu haben.
Elisabeth Hirn

  • Das Leben ist in den vergangenen Monaten teurer geworden. Die Leute sparen auch beim Essenseinkauf. Schlägt sich das bei der Nachfrage nieder?

Elisabeth Hirn: Ich höre es immer wieder und für uns ist auch alles teurer geworden. Ich hätte es aber bis jetzt nicht bemerkt, dass weniger Fleisch gekauft wird. In der Karwoche konnten wir den Leuten eine schöne Kalbin anbieten. Die Nachfrage war so groß, obwohl doch zu Ostern jeder Schweinefleisch will. 

  • Im Hofladen verkauft ihr zu euren Kartoffeln auch Reis und Polenta von anderen Produzenten. Wird das angenommen? 

Elisabeth Hirn: Es ist ein Komplettangebot. Mit unseren fünf Sorten Kartoffeln, die wir selbst anbauen und die ein starkes Standbein im Betrieb sind, mit dem guten Reis und der Polenta und den anderen Produkten von örtlichen Direktvermarktern lassen sich viele Gerichte mit Fleisch zubereiten. Zum Beispiel eine schöne cremige Polenta und Rindsgulasch.

  • Ihr habt über die Jahrzehnte viel geschaffen. Wenn ihr zurückblickt, was ist euer Resümee?

Bernhard Hirn: Es ist vieles so gewachsen, einiges hat sich ergeben, wir haben die Chancen genutzt, sehr viel gearbeitet und das ist gut so.

Elisabeth Hirn: Es ist wichtig, mit dem, was man macht, eine Freude zu haben, die Leute zu mögen, bei einer Sache dabei zu bleiben und diese gut zu machen.