Auf ein Wort mit Hermann Jakob in der HBLFA Francisco Josephinum in Wieselburg. Kennengelernt haben wir uns im Rahmen des Seminars „Rindfleisch vorteilhaft zuschneiden, veredeln und verarbeiten“, veranstaltet vom Ländlichen Fortbildungsinstitut LFI in Kooperation mit Bio Austria. Der Titel klingt etwas sperrig, aber wenn man sich mit dem Seminarleiter vorher beschäftig hat, wusste man, wer hier vor einem stehen wird. Denn wenn es um Wurst und um Fleisch geht, kennt Hermann Jakob kein Pardon. Der Leiter der „Meisterschule für Fleischer“ in deutschen Kulmbach ist einer der renommiertesten Berater im Bereich ökologische Wurst- und Fleischerzeugung. Er ist europaweit bekannt für seine Praxisseminare wie „Wursten ohne Zusatzstoffe“, hat spezielle Rezepturen entwickelt, die E-Nummern auskommen und Sachbücher rund um die Öko-Wurstproduktion geschrieben. Außerdem berät Jakob international Unternehmen, die Clean Label-Produkte auf den Markt bringen möchten. „Nose to Tail“ ist für ihn eine Selbstverständlichkeit.
Interview und Fotos: Elisabeth Egle
Ich bin Flexitarierin und das Höchste der Gefühle ist für mich, wenn ich einen Bauernhof finde, auf dem noch geschlachtet und direkt verkauft werden darf. Außerdem bin ich Jungbäuerin mit einem Gemüseacker und habe Zugang zum LFI. Dort werden sehr interessante Weiterbildungs-Seminare für Landwirt:innen angeboten.
Ich wollte verstehen, wie Fleischzerlegung geht und wie man möglichst viel Verkaufsfleisch gewinnen kann, das optisch ansprechend, bequem zuzubereiten und leicht zu portionieren ist. Und was man vor allem mit den Abschnitten macht, und ob das geht, sie intelligent zu veredeln ohne künstliche Geschmacksstoffe hinzuzufügen. Wir waren zu zwölft bei diesem Seminar, davon zehn Landwirte mit Rinderhaltung und zwei Genießer:innen.
Elisabeth Egle: Wie kommt man auf die Idee, Workshops dieser Art zu veranstalten?
Hermann Jakob: Als ich mein erstes Buch „Die Wurstherstellung ohne Zusatzstoffe“ schrieb, ist Demeter und Bioland auf mich zugekommen, ob ich bereit wäre Seminare zu machen. Das war im Jahr 1996. Die erste Seminarreihe war nur Theorie. Die zweite Seminarreihe hat auch Praxis vermittelt. Mir ist es wichtig, den Leuten zu zeigen, dass es funktioniert.
Elisabeth Egle: Sie haben zu Beginn des Seminares gesagt, die ganze Kette muss stimmen. Was heißt das?
Hermann Jakob: Die ganze Kette beginnt mit der Rasse, geht weiter über die Haltung und die Fütterung, die Betreuung durch den Landwirt und die Begleitung zur Schlachtstätte. Es ist immer schön, wenn der Bauer dabei ist, wenn die Tiere geliefert werden. Die Tiere haben damit ihre Bezugsperson mit. Dann kommt die Schlachtung und danach die Behandlung des Fleisches, bis hin zur Zerlegung, Schnittführung und Reifung. Zuletzt kommt der Verkauf. Verkaufe ich das Fleisch geschickter, bin ich auch erfolgreicher. Ganz wichtig ist, dass die Kette nirgends „stottert“.

Elisabeth Egle: Wir kennen den Craft-Bierbrauer oder den Artisan-Bäcker. Gibt es auch einen Craft-Fleischer mit Zukunft?
Hermann Jakob: Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Das ist die Metzgerei David in Worms. Der Jürgen David hat die Kette im Griff. Der hat die Landwirte, die ihm die Tiere zuführen, er hat die Schlachtung, die Reifemöglichkeiten und er ist ein genialer Verkäufer. Er hat es geschafft, aus einer Hinterhofmetzgerei in abgelegener Lage in einer mittelgroßen Stadt wie Worms eine regelrechte Kult-Stätte zu machen. Er hat sogar eine Hall of Beef gebaut, wo er das zusammen mit Spitzenweinen aus der Weinregion Rhein-Hessen anbietet. Auf großen Grill-Events führt er die unterschiedlichen Grillmethoden vor, dazu gibt es einen En gros-Handel an Qualitätsfleisch zu einem etwas reduzierten Preis, der immer noch über dem üblichen Marktpreis liegt. Übrigens hat er auch ein Buch geschrieben – „The butchers revolution“.

Elisabeth Egle: Was bedeutet für Sie „Nose to Tail“?
Hermann Jakob: Es geht um Wertschätzung. Wenn ich schon Tiere töten muss, dann muss ich sie auch vollständig verwerten. Das beginnt schon bei der Haut. Früher hat man für Häute recht viel Geld bekommen, heute sind sie nicht mehr viel wert. Das geht soweit, dass Schaffelle schon zu Kompost und Dünger verarbeitet werden. Es werden Teile nicht mehr verwendet, die sehr gut verwendet werden könnten. Die sehr hochwertige Schweineleber wird in Schlachthöfen verramscht, obwohl es vom Eisen- und Vitamingehalt ein optimales Nahrungsmittel wäre. Ich möchte schauen, dass man auch solche Teile wie die Haut, die Kollagen enthält, noch einer ordentlichen Verwendung zuführt.
Elisabeth Egle: Ihre Lieblingsrasse unter den Rindern?
Hermann Jakob: Die Kleinen Hinterwälder*.
* Die Hinterwälder sind die kleinste Rinderrasse Mitteleuropas. Sie sind genügsam und aufgrund ihrer guten Gesundheit sehr langlebig. Sie sind eine gefährdete Nutztierrasse. Züchterisch liegt das Augenmerk auf der Zweinutzungsrichtung, wobei als Haltungsform die Mutterkuhhaltung sehr ausgeprägt ist. (Quelle Bauernzeitung)